Logo der Universität Wien

„Die Null im Blickpunkt“

Zur Entwicklung eines interdisziplinären Denkparadigmas in der deutschsprachigen Welt (von 1200-1600)

Hertha-Firnberg Stelle des FWFProjektnummer: T 726-G15
Laufzeit: 1. Februar 2016 – 31. Januar 2019
Projektleitung: MMag. Dr. Michaela Wiesinger

Das Forschungsprojekt „Die Null im Blickpunkt“ beschäftigt sich mit der Entwicklung des mathematischen Verstehens im Westen Europas und dessen direkten Einfluss auf volkssprachliche literarische Texte. Die zentrale Forschungsfrage konzentriert sich auf die Relevanz der Etablierung der Null als eine Zahl, als ein intellektuelles Paradigma und als operative Größe im ausgehenden Mittelalter und der Frühen Neuzeit. Die Null, die nicht nur arabisches Gelehrtenwissen nach Europa brachte und damit den mathematischen Horizont erweiterte, sondern durch die erstmalige Entwicklung einer mathematischen Sprache auch die empirische Annäherung an die Welt ermöglichte, kann als Beginn eines Paradigmenwechsels im wissenschaftlichen Denken angesehen werden. Dieser Paradigmenwechsel spiegelt sich auch deutlich in der Entstehung und Etablierung eines spezialisierten, wissenschaftlichen Deutsch wider, das sich langsam aus den Übersetzungen gelehrter lateinischer Texte entwickelte. Der Fokus meiner Forschungsfrage liegt auf der Verbindung zwischen Literatur und wissenschaftlichem – in diesem Fall: mathematischem – Fortschritt, den ich über die nachvollziehbare Entwicklung von Schlagwörtern wie u.a. „Ziffer“ oder „Null“ im deutschen Wortschatz sichtbar machen werde. Ein erstes Ziel ist die Erstellung einer verschlagworteten Datenbank, die sowohl Querverweise als auch eine kommentierte Liste relevanter Referenzen für deutschsprachige Texte enthält. Signifikante Schlüsselwörter und –phrasen aus Texten verschiedener Genres, die auf metaphorischen, operativen oder sprichwörtlichen Sprachgebrauch hinweisen, werden ebenfalls inkludiert, um über linguistische und hermeneutische Methoden die Übertragung und Anverwandlung mathematischen Denkens zu zeigen. In einem zweiten Schritt wird die Kontextualisierung der Referenzen innerhalb von Texten und Gattungen im Mittelpunkt stehen. Diese Ergebnisse werden in einem dritten Schritt auch über Gattungs- und Disziplinengrenzen hinaus miteinander in Verbindung gesetzt, um mögliche Diskursfelder und deren Transformationen sichtbar zu machen. Ein wichtiges Ziel dieses Forschungsprojektes ist es, eine Methode zu entwickeln und anwendungsorientiert aufzubereiten, die v.a. LiteraturwissenschaftlerInnen dabei unterstützt, literarische volkssprachliche Texte in Hinblick auf ihre Relevanz als Träger, Übermittler und Bearbeiter wissenschaftlicher Information zu untersuchen. Sprachliche Zeichen eines intellektuellen Diskurses sollen damit leichter sichtbar gemacht werden, und dabei helfen, literarische Texte in ihrer Komplexität besser erfassen zu können.  Sich der Etablierung der Null in Westeuropa zu widmen, bedeutet die zugrundeliegenden Veränderungen im Bereich der Naturwissenschaft und der Mathematik zu verstehen. Die Ergebnisse dieses Forschungsprojektes werden diese transdisziplinären Austausch- und Beeinflussungsprozesse am Beispiel der deutschen Sprachentwicklung sichtbar machen.  Die Relevanz der Literatur als Spiegel wissenschaftlicher Prozesse wird von besonderem Interesse sein, um zu zeigen, dass bereits zu Beginn der Entwicklung eines gelehrten auf empirischen Beobachtungen beruhenden Diskurses, literarische Texte wissenschaftliche Ideen auslösen, in Schwung bringen und begleiten können.

"Die Null und das Nichts. Eine erste Annäherung." Interdisziplinäre Tagung zu Null und Nichts im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit im Rahmen des FWF-Firnberg Projekts "Die Null im Blickpunkt".
Zum Programm

 

[zurück zur Projektübersicht]

Institut für Germanistik
Universität Wien
Universitätsring 1
A-1010 Wien
T: +43-1-4277-421 01 bis 07
F: +43-1-4277-9 421
E-Mail
Universität Wien | Universitätsring 1 | 1010 Wien | T +43-1-4277-0