Andreas Okopenko: Tagebücher aus dem Nachlass (Hybridedition)
FWF-Projekt (P28344)
Projektleitung: Roland Innerhofer
Nationaler Kooperationspartner: Bernhard Fetz
ProjektmitarbeiterInnen: Desiree Hebenstreit, Arno Herberth, Laura Tezarek (Literaturarchiv)
Assoziierte Projektmitarbeiter: Arndt Niebisch, Hannes Schweiger (Literaturarchiv), Christian Zolles
Projektlaufzeit: 36 Monate (1. 10. 2015 – 30. 9. 2018)
Im Jahr 2012 konnte das Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek den Nachlass des österreichischen Schriftstellers Andreas Okopenko (ausgezeichnet u. a. mit dem Großen Österreichischen Staatspreis für Literatur, 1998, und dem Georg-Trakl-Preis, 2002) erwerben. Im Zentrum der auf 28 Kisten verteilten Materialien befinden sich umfangreiche Tagebuchaufzeichnungen, die Okopenko zeit seines Lebens akribisch führte und dem Archiv in einem bereits vorgeordneten Zustand hinterließ. Sie sind von Kindheit an bis ins hohe Alter, vom mit Bleistift beschriebenen Schulheft bis zum Computerausdruck belegt. Die darin niedergelegten Gedanken, Erlebnisse, Begegnungen und lyrischen Notate können als Vorstufen zu zahlreichen seiner Werke betrachtet werden und beinhalten zugleich aussagekräftige Kommentare zum österreichischen Literaturbetrieb und zur Zeitgeschichte. Ziel des in enger Kooperation zwischen dem Institut für Germanistik der Universität Wien und dem Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek durchgeführten Projektes ist die digitale Nutzbarmachung dieses Bestandes in einer von Okopenko in seinen Werken und in seinen Schreibverfahren selbst antizipierten Hypertextstruktur.
Die technische Realisierung der digitalen Tagebuchedition erfolgt nach den Standards der Text Encoding Initiative (TEI), was bedeutet, dass sämtliche relevanten Dokumente transkribiert, nach einem bestimmten Schema codiert und digital verwertbar gemacht werden. Somit kann das Material ohne Interpretationsschritte seitens der Herausgeber zuverlässig erfasst, über die Projektwebsite in unterschiedlichen Ansichten (Faksimiles, diplomatische Transkriptionen, Quellcode) dargestellt und laufend durch zusätzliche Verlinkungen angereichert werden. In einem weiteren Schritt werden die Digitalisate und die codierten Transkriptionen mit einem genetisch-kritischen Apparat und einem Kommentar versehen, die in den XML-Code integriert werden und ggf. über Normdaten auf andernorts verlinkte Personen-, Werk- und Sachdaten verweisen. Gestalterisch kombiniert sollen die Textzeugnisse mit zeitgenössischem Bildmaterial, Fotografien, Zeitungsausschnitten sowie Audio- und Videodateien werden. Gemäß dem Konzept einer Hybridedition wird zum Projektabschluss auf Basis der digitalen Gesamtedition eine gedruckte Auswahledition der Tagebücher angestrebt.
Das Projekt sieht sich insofern mit der Arbeit an einem einmaligen Material konfrontiert, als Okopenko u.a. mit dem Avantgarde-Klassiker Lexikon-Roman (1970) eine Pionierleistung in der Hypertext-Dichtung vorlegte und eine eigenständige poetologische Textreflexion betrieb, die gegenwärtig den Kern des Interesses der Digital Humanities trifft. Darüber hinaus nahm Okopenko eine Sonderstellung im österreichischen Literaturbetrieb der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein, aus der heraus er sich als distanzierter, aber äußerst präziser Beobachter seiner Zeit erwies. Seine „andere“ Wahrnehmung und Vermittlung von sowohl Literatur- als auch Zeitgeschichte machen Okopenko zu einem bedeutenden „Archäologen“, „Archivar“ und „Chronisten“ der österreichischen Zweiten Republik.
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