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Wolfgang Bruckner

Diplomarbeit: Spuren des Absurden in Gert Jonkes Romantrilogie

Abstract

Das Wort »absurd« findet in der Alltagssprache einen zunehmend inflationären Gebrauch. Es bezeichnet dabei primär widersinnige, unlogische bzw. dem Menschenverstand widersprechende Begebenheiten oder Aussagen. Der Begriff des Absurden ist außerdem eng mit einer philosophischen Diskussion über die Zwecke und den Sinn der menschlichen Existenz verbunden und bezeichnet dabei nach Albert Camus den Widerspruch zwischen dem fragenden, nach Sinn suchenden Menschen und der schweigenden Welt. Der Tod stellt sich dabei als die größte Absurdität der menschlichen Existenz heraus, da er alle Bemühungen des Menschen sein Leben mit Sinn zu füllen, hinfällig erscheinen lässt.
Die Stücke des Theaters des Absurden gehen von dem Begriff des Absurden im Sinne Camus’ aus. Im Gegensatz zur existentialistischen Literatur von Camus und Sartre, in er die Erfahrung des Absurden und der Umgang damit im Zentrum stehen, ist die absurde Welt in den Stücken des Theaters des Absurden immer schon Voraussetzung, auf dessen Folie sich die Lächerlichkeit und Sinnlosigkeit der Bestrebungen der Figuren zeigt, sich in der absurden Welt dennoch zurechtzufinden und einzurichten. Absurde Stücke brechen mit jeglicher Erwartungshaltung auf Seiten des Zusehers, wirken grotesk und verwehren sich vehement Deutungsversuchen. Genau wie auch absurde Prosa sollen sie dem Rezipienten die Absurdität seiner eigenen Existenz vermitteln.
Die Einsicht in die Absurdität der eigenen Existenz, in das Schweigen der Welt, zieht eine Skepsis gegenüber der Wirklichkeit, wie sie sich dem Menschen präsentiert, nach sich. Der primär sprachliche Bezug des Menschen zur Wirklichkeit entpuppt sich als konstruiert. Die Frage lautet, wie ein nicht vorhandener Bezug zur Wirklichkeit sprachlich erfolgen kann. Es ist daher der Versuch etwas auszudrücken, das gar nicht ausgedrückt werden kann. Hier setzt nun die Suche nach den Spuren des Absurden in Gert Jonkes als Romantrilogie zusammengefassten Werken Schule der Geläufigkeit, DER FERNE KLANG und Erwachen zum großen Schlafkrieg an. Die Frage nach der Wirklichkeit der Wirklichkeit kann als das große Thema von Jonkes Texten verstanden werden.
Die Spuren des Absurden in Gert Jonkes Romantrilogie lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Die Figuren in der Romantrilogie haben keinen allgemein gültigen Bezug mehr zur Wirklichkeit. Alle Grenzen und Gegensätze wie Traum und Realität oder Vergangenheit und Gegenwart lösen sich auf in eine undurchschaubare Wiederholung des Immergleichen. Jegliches Weltverständnis basiert rein auf subjektiven oder gesellschaftlichen Konstruktionen. Der Mensch hat keinen Zugang zu der Welt und keinen Sinn in der Welt, seine Existenz ist absurd.
Die in der Texten dargestellte Welt bietet den darin lebenden Personen keine Möglichkeit der Orientierung oder Sicherheit. Sie erinnern durch ihre lächerlichen Versuche, sich in dieser Welt dennoch einzurichten an die Figuren des Theaters des Absurden. Alle ihre Unternehmungen und Aussagen wirken auf den Leser irritierend und sinnlos.
Die Romane brechen mit den Lektüreerwartungen und dem Sinnanspruch des Lesers durch Verfahren, wie sie Sebastian Donat und Weertje Willms für eine absurde Schreibweise beschreiben. Hervorzuheben sind dabei logische Inkohärenzen, wie der Widerspruch von zwei Prädikaten, oder das Brechen mit Ursache und Wirkung. Auch die wesentlichen Merkmale eines absurden Menschenbildes lassen sich in der Trilogie finden: Der fehlende Bezug zur Wirklichkeit führt zu ständigem Vergessen und dem Fehlen eines kollektiven Gedächtnisses. Der Erzähler und Protagonist der Trilogie entfremdet sich zusehends von sich selbst und verliert seine Identität als Individuum.

Diplomarbeit


Ao. Univ.-Prof. Mag.
Dr. Pia Janke
Institut für Germanistik
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