Kunst im Text. |
1. Voraussetzungen:
Die umfangreiche Debatte zum "pictorial turn" oder "iconic turn" hat in den letzten Jahrzehnten das Kunst-Text-Verhältnis unter den Gegebenheiten einer globalen visuellen Kultur neu thematisiert und - vor allem unter semiotischen Aspekten - neu theoretisiert. Zugleich entstanden zahlreiche empirische Einzelstudien zu den "Kunstzitaten" im Werk bestimmter Autoren. Das "missing link" zwischen diesen beiden Feldern ist eine systematische Dokumentation zu den Kunstreferenzen einer literarischen Epoche. Diese könnte über den Kommentar zu den individuellen "Museen" von Schriftstellern hinaus kollektive Bildspender ebenso bestimmen wie generationstypische poetologische Konzepte von Visualität. Interdisziplinäre wie intermediale Aspekte sind dabei in jeder Phase der Materialsammlung berücksichtigt.
2. Abgrenzungen des Forschungsgegenstands:
Aufgrund der medialen Innovationen gewinnt das "Kunstzitat" ab den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts eine neue poetologische Qualität, indem es die visuelle Konstruktion von Realität selbst bedenkt. Zugleich bleibt die Literatur eines Sprachraums an die eigenen linguistischen und literarhistorischen Traditionen der Bildverwendung gebunden (im deutschsprachigen Raum reichen diese von Lessings "Laokoon" über den romantischen Malerroman bis zu analogen Bildlichkeit des "Poetischen Realismus"). Mit diesen Parametern läßt sich der - natürlich auf ein europäisches Bildgedächtnis bezogene - Textkorpus sinnvoll abgrenzen.
3. Projektziel:
Ziel ist die Erstellung einer Dokumentation zu den Kunstreferenzen von ca. 250 Autorinnen und Autoren. Jede Einzelaufnahme besteht aus
- der Liste der Kunstreferenzen im literarischen Werk;
- der Identifikation der betreffenden Kunstwerke (Künstler, Entstehungsdatum, Ort, Museumsheimat, Besitzer etc.);
- ausgewählten Zitaten der Texte, Bildzitaten der Kunstwerke;
- einer Bibliographie der Sekundärliteratur.
Theoretisch-methodische Übersichtsartikel sollen die Belege kontextualisieren; pragmatisch sollen sie von vier Registern aus (Autoren / Künstler, Texte / Kunstwerke) erschließbar sein.
4. Anwendbarkeit:
Die Dokumentation soll
- die Kunstreferenzen einzelner Autor/inn/en kommentieren;
- umgekehrt die verschiedenen literarischen Thematisierungen einzelner Kunstwerke auflisten;
- damit Bild- und Textgruppen als kollektive Gedächtnisspeicher benennbar machen.
Das empirische Material soll am Ende für literatur- wie für kunstwissenschaftliche Fragestellungen in gleicher Weise zur Verfügung stehen und damit sowohl als Basis wie als Korrektiv für Theoretisierungen des Kunst-Text-Verhältnisses dienen.
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